46. Stuttgarter Tage der Medienpädagogik

Rettet Medienbildung die Demokratie?

Kann durch Medienbildung die Demokratie gerettet werden? Diese Frage stand über den diesjährigen Tagen der Medienpädagogik. Von Katharina Hirrlinger

Drei Frauen und zwei Männer sind auf einer Bühne. Eine Frau hält ein Mikrofon in der Hand.
EMH/Susanne Zeltwanger-Canz
Von links: Petra Grimm, Daniel Bouhs, Renate Hiller, Georg Materna. Leonie Maderstein moderierte die Stuttgarter Tage der Medienpädagogik.

Desinformationskampagnen, immer weniger Vertrauen in unabhängige Medienberichterstattung und das Wachstum von rechtspopulistischen Parteien sind eine Gefahr für die Demokratie. Auch technische Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz (KI), Bots oder Filter-Werkzeuge können dazu beitragen, dass sich antidemokratische Einstellungen schnell verbreiten.

Organisiert werden die 46. Stuttgarter Tage der Medienpädagogik vom Evangelischen Medienhaus Stuttgart, der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, der Landeszentrale für politische Bildung, dem SWR, dem Landesmedienzentrum und der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur.

Die 47. Stuttgarter Tage der Medienpädagogik finden am 12. März 2025 statt.

Gleichzeitig gibt es durch die Sozialen Netzwerke viele Möglichkeiten der politischen Teilhabe, Kommunikation und Informationsverbreitung. Um die Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern zu stärken braucht es Demokratieförderung und Medienkompetenz. Das wurde bei den diesjährigen Stuttgarter Tagen der Medienpädagogik in Stuttgart-Hohenheim klar.

Besonders darüber, dass aktuell die Lautesten in den Sozialen Medien den Diskurs prägen, waren sich die vier eingeladenen Expertinnen und Experten, Georg Materna, Petra Grimm, Renate Hillen und Daniel Bouhs, einig.

Shitstorms unvermeidbar

Georg Materna steht an einem Rednerpult auf einer Bühne.
Foto: Katharina Hirrlinger
Georg Materna vom JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.

„Mit Medienbildung die Demokratie retten?“ – unter dieser Frage stand der Vortrag von Georg Materna vom JJF Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Auf Medienbildung und -kompetenz werde sehr viel Hoffnung gelegt, wenn es um probematische Entwicklungen wie Fake News oder populistische Inhalte im Internet geht. Materna erklärte unter anderem, dass Shitstorms heutzutage unvermeidbar seien. Wichtig sei besonders in der Jugendbildung, sich damit auseinanderzusetzen und Erfahrungen zu sammeln, die mit jungen Menschen geteilt werden können. So können sie sensibilisiert werden und von Erwachenen lernen, mit Shitstorms umzugehen. Dabei müsse immer zwischen Schutz und Teilhabe abgewogen werden.

Außerdem sei es wichtig, Konflikte nicht per se als negativ zu definieren, sondern als Schaubild verschiedener Meinungen zu verstehen, erklärte Marterna. 

 

 

Desinformationen erkennen

Petra Grimm steht an einem Rednerpult.
EMH/Susanne Zeltwanger-Canz
Petra Grimm ist Professorin an der Hochschule der Medien.

Petra Grimm, Professorin an der Hochschule der Medien, stellte in ihrem Vortrag „Digitale Meinungskompetenz für die Demokratie“ Herausforderungen für die Demokratie durch die Digitalisierung und KI-Entwicklung im Medienbereich vor. Ein Grundproblem von Menschen sieht sie in der Frage: Wem vertrauen wir? Vertrauen sei ein Prinzip, ohne das soziale Beziehungen, Kooperationen aber auch Gesellschaftssysteme scheitern. Das Vertrauen in die Medien basiere auf dem Wahrheitsprinzip.

Auch in den Sozialen Medien würden sich Bürgerinnen und Bürger ein vertrauensvolles Informationssystem wünschen. „Große Teile der Bevölkerung erkennen Desinformationen als Problem an“, sagte die Professorin. Erstaunlich sei, dass viele Menschen gleichzeitig denken, sie kämen nicht mit Desinformationen in Kontakt.

Problematisch sei auch, dass die Social Media Plattformen keine Verantwortung für die Inhalte übernehmen wollen. Sie werden damit ihrer neuen Funktion als Gatekeeper nicht gerecht. In der Künstliche Intelligenz sieht Grimm zwar Risiken, gleichzeitig könnten diese aber auch positiv genutzt werden – beispielsweise bei der Erkennung von Desinformationen.

Wir kommen nicht um Bildung umher.

fasst Petra Grimm zusammen

Viel Hass im Netz

Renate Hillen steht auf einer Bühne und spricht.
EMH/Susanne Zeltwanger-Canz
Renate Hillen ist freiberufliche Medienpädagogin.

Hass im Netz treffe nicht alle Menschen gleich, erklärt Renate Hillen in ihrem Vortrag „Online-Chaos: Facetten des digitalen Hasses“. Am meisten betroffen seien amtierende Politikerinnen und Politiker, Menschen mit Migrationshintergrund und Jüdinnen und Juden. „In allen Kommentarspalten können wir Hass im Netz begegnen“, erklärt Hillen. Da der Hass überall sei, fühle er sich überwältigend an. Das wirke sich auf die Psyche aus und führe zu einem „Silencing-Effekt“, der Betroffene verstummen lässt. Wichtig sei bei Sozialen Medien unter anderem, sich ein Zeitlimit zu setzen.

Das Internet ist auch voll mit Gutem

sagte Hillen zum Schluss ihres Vortrags

Hoffnung auf Konstruktiven Journalismus

Daniel Bouhs steht an einem Rednerpult.
EMH/Susanne Zeltwanger-Canz
Daniel Bouhs arbeitet beim SWR.

Junge Menschen würden sich immer mehr zu den klassischen Nachrichten diestanzieren, erklärt Daniel Bouhs. Konstruktiver Journalismus könnte dem entgegenwirken. Die Demokratie sei nur dann stark, wenn Menschen zuversichtlich sind. Konstruktiver Journalismus konzentriere sich nicht nur auf die Recherche und Präsentation von Nachrichten, sondern diskutiere immer auch Lösungsansätze mit.

Konstruktiver Journalismus sei jedoch auch sehr aufwändig. Um Konstruktiven Journalismus auch in sozialen Netzwerken zu festigen, müssten Plattformen so gestaltet werden, dass sie moderiert werden können, fordert Bouhs. Das sehe das Geschäftsmodell der Plattformen jedoch nicht vor.